
Projekthintergründe
Projekthintergründe
Hidden Championnes – Unsichtbare Frauen sichtbar machen mit Portraits
Anlass genug für mehr Sichtbarkeit
Über die Jahrhunderte gibt es immer wieder Anläufe besondere Frauen zurück ins kollektive Gedächtnis zu holen – die ersten Chroniken gehen auf das frühe Mittelalter zurück und gerade heute erfreuen sich diverse aktuelle Publikationen rund um "Good Night Stories for Rebel Girls" (Elena Favilli) oder "Beklaute Frauen" (Leonie Schöler) großer Beliebtheit. Auch deshalb kennen wir heute wieder die Namen von Frauen, deren Schaffen sonst wohl schon in Vergessenheit geraten wäre. Und wer weiß, wie viele Frauen genau dieses Schicksal im Lauf der männlich geprägten Geschichtsschreibung dennoch ereilt hat?
Mit meiner Portraitserie «Hidden Championnes» will ich die Frauen so zeigen, wie sie zu Lebzeiten repräsentativ portraitiert worden wären. Je weiter zurück in der Geschichte, umso mehr waltet meine Vorstellungskraft, um das Portrait zu erschaffen. Bei diesen "alten" Portraits greife ich auf Kunststile der Zeit und Region zurück, in der die Frau wirkte. Auf den ersten Blick soll zu erkennen sein, dass dies eine historische Person ist. Auf den zweiten vielleicht erste Zweifel kommen, dass irgendwas mit diesem "alten" Portrait nicht stimmen kann. Richtig, es ist nicht alt, denn es tut nur so. Diese Irritation soll den Diskurs anregen und neugierig auf die Portraitierte machen.
Für Frauen, die vor allem im 20. Jahrhundert wirkten, ist parallel eine zweite stilistische Linie entstanden, bei der Tusche die Sichtbarkeit des Portraits stark beeinflusst und mitunter einschränkt – so wie der Schleier der Vergessenheit sich über diese Frauen legt.
Für jede Frau recherchiere ich möglichst viele zeitgenössische Quellen
Soweit es möglich ist, spielen Primärquellen die zentrale Rolle bei dem Versuch, mir nachträglich, posthum ein Bild der Frau zu machen, die ich portraitiere. Dies gilt insbesondere für die Portraits, wo es keinerlei Vorlage oder optische Anhaltspunkte einer Darstellung gibt.
Dazu nutze ich vor Ort die Möglichkeiten der Bayerischen Staatsbibliothek mit ihre äußerst umfangreichen Sammlung an Quellen, bis hin zu Digitalisaten von Originalen der Zeit. Bei Frauen, die außerhalb Deutschlands wirkten, recherchiere ich in den Nationalbibliotheken des jeweiligen Landes und werde hier meist fündig im Digitalarchiv. Praktischerweise kommt mir hierbei zugute, dass ich mehrere Fremdsprachen beherrsche und damit auch in alten Manuskripten in der Lage bin, die Passagen zu identifizieren, die mich im Original interessieren. Vieles ist glücklicherweise auch wissenschaftlich bearbeitet und liegt in Transkriptionen in Buchform vor.
Würdigung und Spiegelung – das verfolge ich mit meinen Bildnissen
Ob historisches oder halb-abstraktes Portrait: Mit meinen Bildnissen will ich die Menschen bewusst irritieren. Sie sollen sich wundern, dass sie diese Person nicht kennen und von dieser Vita keine Vorstellung hatten. Ich möchte widerspiegeln, dass wir glauben zu wissen, wie Frauen über die Jahrhunderte gelebt haben – aber sehr oft haben wir keine oder eine falsche Vorstellung davon.
Bei den historischen Portraits steht im Vordergrund ein Bildnis zu schaffen, wie es zu Lebzeiten der Frau hergestellt worden wäre. Denn diese Ehre möchte ich ihr nachträglich zuteil kommen lassen. Dabei leitet mich vor allem der Gedanke, dass diese Bildnisse in den historischen Abteilungen der Museen präsentiert werden sollten – auf Augenhöhe mit den vielen Männern, deren Wirken und Lebensrealitäten anhand von Gemälden stark präsent ist.
Der Kunsthistoriker wird auf den ersten Blick erkennen, dass die von mir geschaffenen Bildnisse nicht historisch sind. Das ist gewollt. Ich benutze historische Darstellungsweisen, aber ich spiele auch mit Interpretationen aus meiner subjektiven Sichtweise einer Frau, die im 20. Jahrhundert in einer Demokratie sozialisiert wurde.
Bei den Portraits der Frauen, die ich auf Basis von Fotos gestalte, arbeite ich mit einer Kombination aus realitätsnaher Ölmalerei und abstrakten, zufällig generierten Effekten mit Hilfe von Tuschen. Die Portraits haben stellenweise etwas Verstörendes, in jedem Fall immer einen Störfaktor, da die Tusche teils die Gesichtszüge unkenntlich macht. Diese Portraits muss man länger betrachten, um dem Auge Zeit zu geben, die individuellen Gesichtszüge zu erkennen. Ich will damit visuell aussagen, dass wir uns bemühen müssen, es an uns liegt, diese Frauen überhaupt zu sehen und zu erkennen.
Meine gewählten Techniken der Darstellung sind geprägt von figurativer, realitätsnaher Abbildung
Die historischen Portraits sind klassische Portraits in Öl, wie sie seit Jan van Eyck in der Kunstgeschichte zu finden sind. Als Bildträger arbeite ich je nach Epoche auf Holztafeln (Pappel), die ich eigenhändig auf traditionelle Weise präpariere, oder auf Leinwänden mit Holzkeilrahmen.
Für Bildnisse, die mit Teilvergoldungen ausgestattet sind – wie noch im späten Mittelalter üblich war – benutze ich die alte Technik der Polimentvergoldung ohne moderne synthetische Hilfsmittel.
Die mittelalterlichen Portraits sind – entgegen der damals üblichen Praxis – nicht in Tempera sondern in Öl ausgeführt.
Bei den Farben versuche ich mich auf die Pigmentpalette zu beschränken, die historisch Anwendung fand. Das ist aufgrund veränderter Pigmente heutzutage nicht 1:1 möglich. Viele historische Pigmente waren hochgiftig und wurden durch ungiftige Alternativen ersetzt.
Über mich

Roxana Panetta
* 1977 in Ost-Berlin
"Bei der Komponistin Barbara Strozzi musste ich feststellen, dass das einzige Portrait, das von ihr überliefert ist (oder je gemalt wurde), sie mit heraushängender Brust darstellt. Das hat mich entsetzt und abgestoßen, "mir den Schalter rausgehauen".
– Roxana Panetta
Lebenslauf
Autodidaktin
Malt und zeichnet seit Kindestagen
Mit zehn Jahren Berlin-weiten Malwettbewerb gewonnen (1. Preis)
Leistungsfach "Kunst" im Abitur (Abschluss "sehr gut")
Wissenschaftliches Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation (Universität der Künste, Berlin)
Seit 2007 selbständig in Marketing und Kommunikation mit eigener Firma
Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes (1997-2004)
Zahlreiche Fortbildungen in klassischer Ölmalerei und Zeichnung, Portraitmalerei, Vergoldung, Drucktechniken
Lebt und arbeitet in München
Links
Interview im SHEconomy Wirtschaftsmagazin
Online-Galerie & Shop mit meinen Werken: PANETTARIUM
Einblicke in meine Arbeit auf meinem Instagram Kanal
Shop für Shirts, Beutel, Tassen und mehr mit den Hidden Championnes