
Barbara Strozzi
Komponistin aus Venedig
Barbara Strozzi
* 1619 (Venedig), † 1677 (Padua)
Barbara Strozzi wurde als uneheliche Tochter im liberalen Venedig des 17. Jahrhunderts geboren. Ihr Adoptivvater bildet sie gut aus und eröffnet ihr in seinem Salon ("Accademia") einen Zugang zur kulturell interessierten venezianischen Oberschicht.
Mit 25 Jahren, im Jahr 1644, beginnt sie eigene Kompositionen zu veröffentlichen. Zwanzig Jahre lang komponiert und veröffentlicht sie, wird jedoch nie bei Hofe angestellt. Dennoch erreichte Barbara Strozzi Wohlstand, bewies großes Geschick in Finanzen und Geschäft.
Sie hinterlässt ein umfangreiches Werk von höchster Qualität, das zu ihren Lebzeiten und heute als solches auch gewürdigt wird.
Zum Portrait
Repräsentation und Allegorie
Es gibt ein historisches Portrait, das Barbara Strozzi zeigt, bevor sie mit eigenen Kompositionen in Erscheinung trat (um 1635, also fast 10 Jahre vor der ersten Veröffentlichung). Dieses historische Portrait zeigt sie mit Blumen im Haar und entblößter Brust, geneigtem Kopf und den Hals einer Gambe (heute mit dem Cello vergleichbar) haltend. Diese Darstellung ist nah an der allegorischen Darstellung der Göttin Flora (Vgl. dieses Portrait im Städelmuseum).
Die Strozzi, korrigiert
Ich nenne es eine "Korrektur", wenn dies auch gegenüber dem Maler Bernardo Strozzi etwas ungerecht erscheinen mag, denn er malte Barbara Strozzi lange vor dem Beginn ihrer Karriere als Komponistin. Das historische Portrait zeigt sie mit den Attributen der Göttin "Flora" – Blumen im Haar, entblößte Brust – und suggeriert damit, dass Barbara Strozzi eine Kurtisane war, wofür es nach heutigem Stand der Forschung keinen Nachweis gibt.
Um Barbara Strozzi und ihrem Schaffen als Komponistin gerecht zu werden, habe ich folgende Änderungen vorgenommen:
- Die Kopfhaltung ist gerade, der Blick direkt zum Betrachter
- Die Gambe, die sie im Original seltsam hält, ersetzte ich mit einem Heft in der Hand, dessen Inhalt sich jede:r denken darf.
- Auf der Kommode neben ihr befinden sich nun vier ledergebundene Bände, mit römischen Ziffern – ein Hinweis auf die 8 Werke, die sie zwischen 1644-1664 veröffentlichte.
- Auf den Notenblättern, die neben ihr liegen, habe ich ein anderes Stück, eines von ihr komponiertes, notiert: "Havete torto" - "Ihr habt Unrecht".
- Das solide Passepartout mit kreisrundem Ausschnitt greift die Gestaltung des Portraits von Barbara Strozzis Vater auf, um sie auf einer Höhe mit ihrem Vater zu zeigen.
Biographie
Unverheiratet und frei von Konventionen: Barbara Strozzi geht einen ungewöhnlichen Weg
"Das erste Werk, das ich, als eine Frau, so kühn und wagemutig ans Tageslicht gebracht habe."
das sind Barbara Strozzis Worte im Vorwort ihrer ersten Kompisitionssammlung, dem Opus I.
Geboren 1619 im liberalen Venedig, vermutlich als leibliche Tochter von Giulio Strozzi und dessen Haushälterin. Giulio Strozzi adoptierte sie und sorgte für eine gute Ausbildung. Als junge Frau tritt Barbara im Salon ("Accademia") des Vaters als Kammersängerin auf. Ihr Vater Giulio Strozzi war Literatur- und Musikliebhaber und betätigte sich als Opernlibrettist: er verfasste die Texte für Arien.
Mit einem Freund ihres Vaters aus der Oberschicht, Giovanni Paolo Vidman, hatte sie nachweislich drei gemeinsame Kinder (geboren 1641, 1642 und 1644), sie waren jedoch nicht verheiratet, was in Venedig nicht unüblich war. Ihr viertes Kind (geboren 1651) hatte vermutlich einen anderen Vater.
1644, im Alter von 25 Jahren, beginnt Barbara eigene Kompositionen zu veröffentlichen. Aus dem Vorwort des Opus I wissen wir, dass sie bei Francesco Cavalli, dem bedeutendsten Komponist ihrer Zeit, selbst ein Schüler Monteverdis, gelernt hat. Von Barbara Strozzi sind uns mehr als 125 Einzelwerke überliefert, die die Kammersängerin und Komponistin zwischen 1644-1664 in acht Bänden publizierte. Außer einem Band, der sakrale Kompositionen enthält, enthalten die anderen Sammlungen weltliche Vokalmusik, Madrigale, Arien und Kantaten. Sie komponierte mehr Kantaten als alle anderen Komponisten des 17. Jahrhunderts und war eine talentierte Networkerin, wie wir es heute beschreiben würden: Anders als die meisten ihrer Zeitgenossen widmete sie ihre Werke Personen außerhalb Venedigs. Und dennoch blieb ihr zeitlebens eine feste Anstellung als Komponistin an einem Hof verwehrt.
Obwohl Venedig in dieser Zeit sehr liberal geprägt war, scheint Barbara Strozzi als ganz junge Kammersängerin dennoch einen zweifelhaften Ruf gehabt zu haben, wie das historische Portrait betont, das sie als in einer allegorischen Flora-Darstellung als Musikliebende und Liebhaberin darstellt. Ein weiteres, späteres Portrait von ihr scheint es nicht zu geben. Andere Zeitgenossinnen - wie Opernstar Anna Renzi oder Sängerin und Komponistin Francesca Caccini - wurden zu Lebzeiten neutral portraitiert. Liegt es daran, dass Barbara Strozzi kein Zugang zu einer standesgemäßen Ehe sondern nur das Kloster oder die Prostitution offenstanden? Die Motive für ihren gewählten Lebensweg kennen wir nicht. Aus gut analysierten Quellen wissen wir heute, dass sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau war, die Geld gegen Zins verlieh, Notarverträge im eigenen Haus unterschrieb und ihr Vater bei ihr im Haus wohnte und nicht andersherum, wie man es vermuten würde.
Barbara Strozzis Leben als Komponistin ist in vielfacher Hinsicht besonders. Sie hinterließ bis heute hoch geschätzte Werke des frühen solistischen Kammergesangs von höchster Qualität.
"Her financial activities, however, at least those registered in the acts of Venetian notaries, far surpassed those of her father; indeed, they show her to be a savvy investor. It is significant that all but one of the notarial documents that concern Barbara Strozzi were drawn up in the comfort of her own home. This fact alone may point to a certain level of status, as most common people probably had to visit the notary's office in order to obtain services. (The noblewomen of Venice, as well as the resident female opera singers, also shared that status.)" (Zitat: Beth Glixon 1997, Seite 314)
„Ihre finanziellen Aktivitäten, zumindest diejenigen, die in den Akten der venezianischen Notare verzeichnet sind, übertrafen jedoch die ihres Vaters bei weitem; sie zeigen sie als eine kluge Investorin. Es ist bezeichnend, dass bis auf eine Ausnahme alle notariellen Dokumente, die Barbara Strozzi betreffen, in ihrem eigenen Haus verfasst wurden. Allein diese Tatsache kann auf einen gewissen Status hinweisen, denn die meisten einfachen Leute mussten wahrscheinlich das Notariat aufsuchen, um Dienstleistungen zu erhalten. (Diesen Status hatten auch die adligen Frauen Venedigs und die ansässigen Opernsängerinnen.)“
"By any standard, Barbara Strozzi, a student of Francesco Cavalli, was one of the most successful women composers of the seventeenth century; indeed, she was the most prolific composer – man or woman – of printed secular vocal music in Venice around the middle of the century, with seven different publications, along with one of sacred music, issued between 1644 and 1664. Unlike Francesca Caccini, who was active several decades earlier, Strozzi achieved her impressive corpus of publications without the help of a musical family." (Zitat: Beth Glixon 1997, Seite 311)
„Barbara Strozzi, eine Schülerin von Francesco Cavalli, war eine der erfolgreichsten Komponistinnen des siebzehnten Jahrhunderts. Sie war in der Tat die produktivste Komponistin - ob Mann oder Frau - von gedruckter weltlicher Vokalmusik in Venedig um die Jahrhundertmitte, mit sieben verschiedenen Veröffentlichungen, zusammen mit einem Band geistlicher Musik, die zwischen 1644 und 1664 erschien. Im Gegensatz zu Francesca Caccini, die einige Jahrzehnte früher tätig war, erreichte Strozzi ihre beeindruckende Anzahl an Veröffentlichungen ohne die Hilfe einer musikalischen Familie.“
Historisches Material
Das historische Portrait von Barbara Strozzi ("Die Gambenspielerin"), Auszüge aus ihren Veröffentlichungen und Briefe
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