Flora Tristan

Schriftstellerin, Sozialistin und Frauenrechtlerin

Flora Tristan

* 7. April 1803 (Paris), † 14. November 1844 (Bordeaux)

Flora Tristan war eine visionäre peruanisch-französische Sozialistin, die als eine der ersten Frauen unermüdlich für bessere Bedingungen für Arbeiterinnen und Arbeiter kämpfte. 1843 formulierte sie Jahre vor Marx den Aufruf zur proletarischen Einheit, in ihrem Hauptwerk "Union Ouvrière" (Arbeitereinheit). Ihre mutige Pionierarbeit für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung macht sie zu einer der bedeutendsten, aber oft übersehenen Figuren der frühen Arbeiterbewegung.

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Begegnung in der Druckerei Worms, Paris Montmartre

Flora Tristan macht sich mit ihrem brennenden Engagement und mit ihrer Chuzpe überall hineinzugehen – als Frau, mon dieu! – viele Feinde. Das tangiert sie aber nicht, sie will etwas Gutes schaffen und ist absolut überzeugt von ihrer Idee, dass nur eine vereinte Arbeiterbewegung politisch Gewicht haben wird, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterschaft zu verbessern.

"Arbeiter vereinigt Euch, in der Vereinigung liegt die Macht."

Diese Worte stehen auf dem Titelblatt von Flora Tristans "Union Ouvrière" (1843). Marx' und Engels' "Kommunistisches Manifest", in dem die Parole "Proletarier, vereinigt Euch!" steht, erscheint 1848. Ein Schelm, wer jetzt Böses denkt. Tristan war Marx zumindest dem Namen nach bekannt. Marx lebte in Paris, als sie für die "Union Ouvrière" die Werbetrommel rührte. Sie war in der sozialistischen Szene ein bunter Hund. Es ist höchstwahrscheinlich, dass sie sich in der Druckerei Worms sogar persönlich begegnet sind: beide ließen dort im Herbst 1843 drucken.

Ich sehe Tristan in der Druckerei: Sie hat Andrucke in Augenschein genommen. Marx kommt rein und tut sich wichtig. Wird sie ihn ansprechen?

Flora Tristan ließ sich – nach eigener Aussage – mehr als 20 mal portraitieren, ohne je mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.

Die Maler verstünden sie nicht, wollten sie als „Dämchen“ darstellen, das sie eben nicht sei. Ich leihe ihr eine Power-Pose von mir, kleide sie in einem Kleid, das ich einer französischen Modezeitschrift von 1844 entnommen habe und stelle sie in der Druckerei einem imaginären Marx gegenüber: Ob er sie wohl gerade mansplained?

Historisches Material

Darstellungen von Flora Tristan und die Titelseite ihres wichtigsten Werks: "L'union ouvrière" (Die Arbeiterunion) von 1843

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Biographie

"Qu'on me vole pour m'agrandir, très bien, mais si on me vole pour me rogner, j'enrage." Flora Tristan

(Dass man mich bestiehlt, um mich zu vergrößern, ist in Ordnung, aber wenn man mich bestiehlt, um mich zu beschneiden, macht mich das wütend.)

Herkunftsfamilie und häusliche Gewalt – eine Vermutung für Floras Politisierung

Flora Tristan wurde 1803 als Tochter eines reichen peruanischen Adeligen und einer Französin geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters 1807 stürzte die Familie in die Armut. Mit 18 Jahren heiratet Flora ihren Arbeitgeber André Chazal, einen Maler, der sie später demütigen und misshandeln wird. Tristan flieht aus dieser Ehe, da Scheidung unmöglich war und wird zur Verfolgten ihres Ehemanns – Erfahrungen, die sie für die Ungerechtigkeit gesellschaftlicher Strukturen sensibilisiert haben müssen.

Politisch-soziales Engagement: erste Reisen, erste Publikationen

1833 reist Flora nach Peru, um das Erbe ihres Vaters zu beanspruchen. Dort empören sie Klassengegensätze und Sklaverei – und sie schreibt darüber. Ihr 1837 veröffentlichter Reisebericht "Pérégrinations d'une paria" war die erste kritische Studie außereuropäischer Realitäten aus weiblicher Sicht. Zurück in Europa, bereist sie 1839 englische Industriestädte und veröffentlichte 1840 ihre Beobachtungen über die Arbeiterklasse – fünf Jahre vor Engels' berühmtem Werk. Auf ihren Reisen besucht sie nicht nur Fabriken, sondern auch Ghettos, Gefängnisse und Bordelle.

Radikalisierung: Die "Union Ouvrière" und Tristans Bestreben, eine vereinte Arbeiterbewegung zu schaffen

In ihrem 1843 erschienenen Hauptwerk "L'union ouvrière" fordert Tristan die Arbeiter zur Einheit auf: "Verlasst eure Isolation und schließt euch zusammen! Die Einheit macht die Stärke." Sie erkennt die Notwendigkeit zur Revolution und fordert als erste Arbeiterbefreiung und Frauenemanzipation gemeinsam zu verwirklichen. In dieser Zeit ist Tristan bereits ein Objekt, das von der Polizei bespitzelt und konservativen Kräften nicht ernst genommen wird. Sie wird als "radikal" wahrgenommen und ist in sozialistischen Kreisen als eine der aktiven Frauen – wie George Sand und Bettina von Arnim – bekannt-berüchtigt. Das schmälert ihre Überzeugung keineswegs. Fast manisch bereist sie 1844 rastlos Frankreich, um mehr Arbeiterinnen und Arbeiter zur gewerkschaftlichen Organisation zu bewegen, bis sie in Bordeaux vor Erschöpfung zusammenbrach und an Typhus starb.

Würdigung kurz nach ihrem Tod

Tristans letztes Werk wurde „nach ihren Notizen vervollständigt” und 1846, zwei Jahre nach ihrem Tod, von ihrem Freund Alphonse-Louis Constant und Eliphas Levi, unter dem Titel "L'émancipation de la femme ou Le testament de la paria" (Die Emanzipation der Frau oder Das Testament der Ausgestoßenen) veröffentlicht.

Einige Jahre nach ihrem Tod wurde von Arbeitern eine Spendenaktion ins Leben gerufen, um ein Denkmal zu ihrem Gedenken und zum Gedenken an die „Union Ouvrière” zu errichten. Dieses Denkmal befindet sich auf dem Friedhof Chartreuse in Bordeaux. George Sand lehnt die Bitte um Beteiligung ab. Flora Tristan mag zu Lebzeiten bei ihren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen umstritten gewesen sein, weil sie eine "schwierige Person" war – wie viele Frauen müssen sich dieses Urteil anhören, weil sie für eine Sache kämpfen? Ihre tiefe soziale Überzeugung und konkretes Engagement sind es in meinen Augen wert, sie als große Aktivistin in würdiger Erinnerung zu behalten.

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