
Charlotte "Lotte" Reiniger
Lotte Reiniger · Trickfilmpionierin
Charlotte "Lotte" Reiniger
* 2. Juni 1899 Berlin, † 19. Juni 1981 Dettenhausen (Deutschland)
Lotte Reiniger erfand eine völlig neue Filmkunst: Den Silhouetten-Animationsfilm. Mit filigranen, beweglichen Scherenschnitt-Figuren und einer selbst entwickelten Multiplan-Kamera schuf sie über 40 Filme in ihrer einzigartigen Technik. Ihr Meisterwerk "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" (1926) gilt als erster abendfüllender Animationsfilm der Filmgeschichte – Jahre vor Walt Disneys ersten Werken.
Die deutsche Künstlerin floh 1936 vor den Nazis nach England, wo sie weiter Filme produzierte – mit ihrem Lebenspartner bis 1963. Erst 1979 kehrte sie nach Deutschland zurück. Obwohl ihre innovative Technik spätere Animationskünstler wie Disney beeinflusste und sie als "Pionierin des Animationsfilms" gilt, blieb ihr Name lange Zeit weitgehend unbekannt.

«Lotte war eine Pionierin und Künstlerin lebenslang – und trotzdem kennen wir sie nicht. In ihrem Portrait zeige ich die junge Frau, die am ersten Trickfilm in Spielfilmlänge arbeitet: Sie schneidet Figuren für "Prinz Achmed". Die Schere ist ihr charakteristisches Instrument.»
– Roxana Panetta über das Portrait
Biographie
Pionierin des Animationsfilms
Lotte Reiniger entdeckte früh ihre Leidenschaft für das Schattentheater und die aufkommende Filmkunst. Bereits als Teenager schnitt sie komplexe Silhouetten und experimentierte mit Bewegung. Am Institut für Kulturforschung in Berlin entwickelte sie in den 1920er Jahren ihre revolutionäre Technik: Sie schuf detaillierte Figuren aus schwarzem Karton mit beweglichen Gelenken, die sie Frame für Frame auf einer beleuchteten Glasplatte fotografierte. Ihre Innovation ging noch weiter: Sie entwickelte eine Multiplan-Kamera, die verschiedene Bildebenen und ein Spiel mit Schärfe ermöglichte – eine Technik, die Walt Disney erst Jahre später aufgriff.
Meilenstein der Filmgeschichte
Ihr größter Erfolg "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" (1926) war eine technische und künstlerische Sensation. Drei Jahre arbeitete sie mit ihrem Team an dem 65-minütigen Silhouettenfilm, der damit der erste abendfüllende Animationsfilm der Geschichte wurde – deutlich vor Disneys "Schneewittchen" (1937). Der Film verband orientalische Märchen aus "Tausendundeiner Nacht" mit innovativer Animationstechnik und filigraner Handwerkskunst. Jede Bewegung der Figuren wurde einzeln fotografiert, was pro laufender Filmsekunde genau 24 Einzelaufnahmen erforderte.
Künstlerisches Vermächtnis
Trotz ihrer bahnbrechenden Arbeit blieb Reiniger bescheiden und widmete sich weiter ihrer Kunst – auch unter schwierigen Bedingungen. 1936 verließ sie mit ihrem Lebenspartner Carl Koch Nazi-Deutschland und lebte in verschiedenen europäischen Ländern, bevor sie sich in England niederließ. Dort produzierte sie weiterhin Filme, darunter Werbefilme und Märchenadaptionen für das britische Fernsehen, die BBC. Bis zu ihrem Tod 1981 schuf sie über 40 Filme in ihrer einzigartigen Technik. Ihre innovative Bildsprache und handwerkliche Präzision beeinflussten nachfolgende Generationen von Animationskünstlern. Heute wird sie zunehmend als Vorreiterin des Animationsfilms gewürdigt, die nicht nur technische Grenzen überwand, sondern auch als Frau in der frühen Filmgeschichte Außergewöhnliches leistete.
Für das Portrait verwendetes Bildmaterial
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Lotte Reiniger bei der Arbeit an ihrem Trickfilm "Prinz Achmed" um 1926
Lotte Reiniger bei der Arbeit an ihrem Trickfilm "Prinz Achmed" um 1926. In dieser Zeit trägt sie die Haare ganz typisch für die 1920er Jahre in einem Bubikopf-Haarschnitt und häufig eine Schleife in der Bluse. Diese Attribute habe ich für das Portrait aufgegriffen.